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Bewerbungen für eine Stelle als Apotheker anno 1879

Lange unbemerkt blieb ein Konvolut von Schriftstücken im Museumsbestand. Es war eingelegt in einen Band einer umfangreichen Reihe von Rezepturjournalen aus der Schwan-Apotheke Hamburg, die bereits vor vielen Jahren in das Museum gekommen war. Erst als die Journale für eine wissenschaftliche Forschungsarbeit bereitgestellt wurden, kam das flache Paket ans Licht. Die handschriftlichen Blätter stellten sich als Bewerbungsschreiben heraus, die auf eine am 5. Juli 1879 in der Pharmazeutischen Zeitung erschienene Annonce der Schwan-Apotheke Hamburg hin verfasst worden waren. Unter der groß gesetzten Überschrift „Hamburg“ stand dort zu lesen: „Zum 1. October wünscht Unterzeichneter einen jüngeren Gehülfen zu engagiren. – Die Herren Bewerber wollen Referenzen aufgeben und Abschrift ihrer Zeugnisse beifügen. W. Mielck, Schwan-Apotheke.

Rund 30 Herren wandten sich daraufhin mit Originalzeugnissen oder Abschriften an Apotheker Mielck. Der Korrespondenz sind teils interessante, teils auch kuriose Details zu entnehmen. Das postscriptum der Referenz eines Wilhelmshavener Apothekers für den Gehilfen Wilhelm Böhnke lautete beispielsweise: „Hr. B. ist Baier u. spricht den Nürnberger Dialekt“ – ein Umstand, der dem Apothekenbesitzer bei einer Bewerbung auf eine Stelle in Hamburg durchaus erwähnenswert schien.

Wenn ein Bewerber in die nähere Auswahl kam, kontaktierte Mielck ihn sogleich per Brief und teilte die Rahmenbedingungen mit, darunter die Länge der Arbeitszeiten (täglich von 7 bis 22 Uhr), die Art der Stelle (zweiter Receptar) und die Höhe des Gehalts (72 Mark monatlich). Die Antwortschreiben wiederum zeigen, dass dies in der Regel als akzeptabel galt. Nur Hugo Maurer, der in der Apotheke Blankenburg vom 1. 7. 1877 bis zum 1. 4. 1878 als Defektar arbeitete und danach dort als Rezeptar wirkte, schrieb: „[...] dass ich gern bereit bin, die Stelle in Ihrem Geschäft zu besetzen, jedoch ich mich, was das Gehalt betrifft, nicht gerade verschlechtern [möchte]. Ich bekomme hier 75 Mark per. M. Da dieser Unterschied doch ein ziemlich geringer ist, so darf ich Sie wohl, falls Sie noch auf mich reflektieren sollten, höflich ersuchen, Ihre Bedingungen, dahin abzuändern. Im Uebrigen sind ja Ihre Bedingungen recht annehmbare. Mit Hochachtung […]." Apotheker Mielck markierte die Schlussbemerkung mit einem Fragezeichen und vermerkte am Rand des Schreibens: „Abgeschrieben am 13. 7. 79“.

Den Schreiben sind auch recht bewegte Lebensläufe zu entnehmen, wie das Beispiel von Heinrich Haesemeyer zeigt. Er schrieb am 8. 7. 1879 (Abbildung): „Sehr geehrter Herr! [...]. Ich bin aus Valparadiso gebürtig […] Republik Chile in Südamerica […]. Mit dem 14.ten Jahre verließ ich meine Vaterstadt, um in Greifswald, Pommern die dortige Realschule zu besuchen […]. Da in der Zwischenzeit meine Eltern nach Coburg zogen, verließ ich Greifswald, um hier in Coburg noch die Secunda zu besuchen […] . Hernach trat ich am 1ten Mai 1876 in die hiesige Hofapotheke des Herrn Heil als Lehrling ein, wo ich die ersten zwei Jahre Rezeptur besorgte und jetzt seit ¼ Jahr die Defectur übernommen habe […]und ich glaube, daß ich im Stande bin in meinen Leistungen allen Anforderungen zu genügen. Mein Examen […] habe ich in Gotha […] mit der ersten Note bestanden und kehrte hernach in die hiesige Apotheke zurück. Da es nun mein Wunsch ist die jetzige Stellung zu verändern, erlaube ich mir, mich um die Vacanz in Ihrem Geschäft zu bewerben, indem ich Ihnen die Versicherung gebe, dass ich Alles aufbieten werde Ihre Zufriedenheit zu erlangen. Ich bemerke noch, dass ich als amerikanischer Bürger militärfrei bin […].“

Die vollständige Transkription der Schreiben (Inventarnummer VII B 1381) gab viele Hinweise auf interessante Details, beispielsweise zur Apothekerausbildung oder zu den ersten Jahren eines Apothekergehilfen im Berufsleben. 

Text: Elisabeth Huwer, Deutsches Apotheken-Museum