Zum äußeren Erscheinungsbild einer Apotheke gehörte jahrhundertelang ein individuelles Apothekenwahrzeichen. Bemalte Schilder, gut sichtbar ausgehängt, wiesen auf den Namen der Apotheke, ihres Besitzers und manchmal auch auf das Gründungsjahr hin. Vor allem aber verdeutlichten Figuren von Tieren, Fabelwesen oder Schutzpatronen auch dem, der nicht lesen konnte, den Apothekennamen.
Zu den ältesten erhaltenen Zeichen gehören einfach bemalte und beschriftete Holzschilder, wie das der Füssener Stadt-Apotheke aus dem Jahre 1696 (Abb. 1). Am unteren Bildrand wirbt der damalige Apotheker Adrianus Friedericus Jungius in Reimform mit Stolz für seine Profession:
Mein groste lust ist das ich fein
Einsamble Kraut und Blümelein,
daraus mach ich Confortantia
Laxantiva und Purgantia
Extracta und Magisteria
Auch Spiritus und Olea.
Dardurch sich labt der Patient
Und gibt mir darfür ein Präsent
Apotheken-Namen
Die Namensgebung der Apotheken war sehr vielseitig. Die Bezeichnung „Rats-“ oder „Stadt-Apotheke“ verweist auf die rechtlichen Verhältnisse, unter denen sie betrieben wurden. Abgesehen davon konnte der Name auf einen markanten Standort abheben, aber auch den Namen eines Besitzers oder Hauses enthalten.
Klassisch war der Bezug zu den Attributen der Evangelisten, so der Adler, mit dem der Hl. Johannes assoziiert ist oder der Löwe, zum Hl. Markus gehörig. Die seit dem Mittelalter weit verbreitete Marienverehrung – Maria vermittelt dabei zwischen Gott und den Menschen – schlägt sich auch in der Benennung zahlreicher Apotheken nieder.
Neben biblischen sind jedoch vielfach auch regionale Bezüge nachweisbar: Löwen-Apotheken finden sich oft in Territorien, in denen der Löwe als Wappentier der Herrschaft verwendet wurde wie in Bayern oder der Kurpfalz (Abb. 2). Adler-Apotheken treten später bevorzugt im Einflussbereich von Preussen auf, wo der majestätische Vogel als Wappentier allgegenwärtig war.
Gängig war auch die Benennung nach vielen anderen Tieren oder gar nach Fabelwesen, wie dem sagenumwobenen Einhorn (Abb. 3). In der Beliebtheit standen Schwanen-, Greif-, und Hirsch-Apotheken (Abb. 4) oder Elefanten-Apotheken dem kaum nach.
Einheitliches Apotheken-Logo gesucht
Ende der 1920er Jahre wurde erstmals der Versuch unternommen, ein einheitliches „Logo“ als Apothekenwahrzeichen zu schaffen. Der Figurenschmuck sollte dadurch jedoch nicht obsolet werden. Ziel war es, daneben ein augenfälliges Zeichen zu finden, das jedermann einen Apothekenstandort signalisierte.
Zu diesem Zweck verwendeten zwar viele Apotheken seit längerem das „Schweizer Kreuz“, ein weißes Kreuz auf rotem Grund. Die Schweiz wollte dessen Nutzung hingegen eindämmen, und es war damals unklar, ob dieses Symbol überhaupt noch lange verwendet werden durfte. Zum anderen trugen auch viele Drogerien dieses Zeichen – mit denen die Apotheken seit langem im Zwist lagen und von denen sie sich begreiflicherweise deutlich abheben wollten.
Parallel diskutierte man in der pharmazeutischen Fachpresse die Wirkung und das richtige Maß von Kundenwerbung sehr kontrovers; manche forderten in dem Zusammenhang energisch ein einheitliches Erkennungszeichen für Apotheken.
Das erste Apotheken-Einheitszeichen der Fa. Wenderoth, Kassel (1928)
Die Idee für ein einheitliches Emblem griff dann zunächst die Firma Wenderoth, Kassel auf, die 1928 auf der Apothekermesse in Heidelberg ein solches "Einheitszeichen" für die Apotheke vorstellte (Abb. 5).
Auf kreisrunder roter Fläche am rechten Rand zeigt es einen senkrechten und am unteren Rand einen waagerechten weißen Balken mit der Aufschrift "Apotheke".
Die Pharmazeutische Zeitung berichtete dazu am 1. September 1928: »Die A.G. für Pharmazeutische Bedarfsartikel vorm. Georg Wenderoth bewährte auch diesmal ihre alte Vielseitigkeit, wobei das von der Firma eingeführte Apotheken-Einheitsschild viel Beachtung fand ...«
Eine Woche später berichtete die Apothekerzeitung: »Besondere Beachtung fanden ... das von der Firma [Wenderoth] ausgestellte Apotheken-Einheitsschild.« Leider ist der Name des Künstlers des Schildes im Design der »Neuen Sachlichkeit« nicht überliefert.
Neben einem Emailleschild, wie es das Deutsche Apotheken-Museum als einzig bislang bekanntes Original eines solchen Zeichens für die Sammlung erwerben konnte (Abb. 5), gab es auch eine Leuchtschild-Variante aus Glas , die sogenannte »Apothekenlaterne« (Abb. 6).
Auch auf einem Gemälde aus dem Jahr 1928 ist das Schild zu sehen (Abb. 7). Es zeigt die Straßenfront der 1703 gegründeten Rosen-Apotheke in Melsungen, an der das Einheitszeichen den Apothekenstandort weithin sichtbar kenntlich macht. Die traditionsreiche Apotheke war im Jahr 1839 Keimzelle der Firma Braun, Melsungen und ist seit 1928 in vierter Generationen im Familenbesitz. Wir bedanken uns für die freundliche Möglichkeit, eine Abbildung des Gemäldes hier zeigen zu dürfen.
Trotz aller Werbemaßnahmen, weite Verbreitung fand das neue Einheitszeichen indes jedoch wohl nicht, wie die geringe Anzahl von Bildquellen und das bislang einzig bekannte erhaltene Original verdeutlichen.
Ein weiteres Einheitszeichen: das "Hageda-Leuchtschild" (1929)
Im Juni 1929 fasste der Gau Hamburg im DAV den Beschluss, von einschlägigen Apothekenbedarfsfirmen Schilder zu besorgen, die für den Apotheken-Nachtdienst zu erleuchten wären und sich dem Publikum als Apothekenwahrzeichen einprägen sollten. Ob dies umgesetzt wurde, ist unklar, denn weitere Mitteilungen dazu fehlen. Der Vorsitzende des Gau Hamburg des Deutschen Apotheker-Vereins (DAV), Paul Runge (1869 bis 1953), wurde kurz darauf in den Beirat der 1904 gegründeten Handelsgenossenschaft Deutscher Apotheker (Hageda) berufen, sodass auch denkbar ist, dass sich dieses Anliegen durch das zu dem Zeitpunkt in Entwicklung befindliche und sogleich vom DAV empfohlene »Hageda-Leuchtschild« erledigt hatte.
Im August 1929 stellte die Hageda dann ihr Modell eines „einheitlichen Leuchtschildes für die Apotheke“ vor. Ohne auf das Schíld der Firma Wenderoth einzugehen vermeldete der DAV nämlich in einer Mitteilung in der Fachpresse, bei dem von DAV initiierten Schild handele es sich um ein „Apothekerzunftschild, das die Apotheke von der Drogerie unterscheidet und nicht, wie das früher viel benutzte Emblem – Weißes Kreuz auf rotem Grund – von der Drogerie mitbenutzt werden kann. Um nun in Zukunft die Apotheke dem arzneibedürftigen Publikum schon aus weiter Ferne erkenntlich zu machen, und um die Apotheke von der Drogerie deutlich unterscheiden zu können, wurde ein Leuchtschild, das nur Bezug auf die Apotheke hat, herausgebracht ...“.
Als Blickfang des kreuzförmigen Zeichens wählte man „die Aesculap-Schlange mit Schale“ (Abb. 8). Auf der Apothekermesse zur Tagung des Deutschen Apotheker-Vereins (DAV) im September 1929 in Heidelberg stellte die Hageda ihr Schild einem breiten Publikum vor.
Schon ein Jahr später vermeldete ein Werbeprospekt, dass in rund 180 Städten Deutschlands das Emblem als modernes Leuchtschild eingeführt sei. Der DAV empfahl in den Fachzeitschriften die Verwendung des neuen Zeichens, das sich auch an der Apotheke von Heinrich Salzmann (1859 bis 1945), damals Vorsitzender des DAV, befand.
Drei-Löffel-Symbol - Emblem der Verunda
Ende 1929 rief auch die damals weit verbreitete Fachzeitschrift für Kundenwerbung in der Apotheke, „Verunda“, einen Wettbewerb für ein Apothekenwahrzeichen aus. Dabei wurde ausdrücklich bestimmt, dass weder das Schweizer Kreuz noch ein rotes Kreuz als Element vorkommen dürfen.
Die Ausschreibung wurde als Reaktion auf die bisher auf den Markt gebrachten Zeichen erläutert: Die Symbolik des Hageda-Zeichens sei zu wenig international und zu nahe am Schweizer Kreuz; das Schild der Firma Wenderoth zu unspezifisch für ein Apothekenzeichen, so der Herausgeber, Apotheker Karl Gissinger.
Unter rund 1.000 Einsendungen wählten prominente Juroren, sämtlich Pharmazeuten, wie Max Lesmüller (1874–1952) und Paul Runge (1869–1953) den Entwurf des Künstlers Richard Rudolf Weber (1900–1994, Goch im Rheinland) aus. Seine „Arzneiflasche mit drei Löffeln“ sollte das bekannte „Dreimal täglich“ der Arzneieinnahme plakativ umsetzen (Abb. 9).
Das Symbol nutzten binnen fünf Jahren über 30 % an der Apotheke, aber auch als Logo beispielsweise auf Etiketten und Rezepthüllen. Der damals als sehr modern empfundene moderne Stil führte jedoch von Anfang an zu einer kontroversen Diskussion innerhalb des Apothekerstandes. Der Kontrast der Farben sowie die gestalterisch gegeneinander gesetzten einfachen Grundformen „Kreis“ und „Dreieck“ sind typische Elemente der Neuen Sachlichkeit und zeigen darüber hinaus einige Entsprechung mit einem prämierten, aber nicht verwendeten, Logo-Entwurf für die Weimarer Bauhaus-Schule aus dem Jahre 1919, der heute im Bauhaus-Museum Weimar aufbewahrt wird.
Bis heute haben sich weniger als eine Hand voll dieser Apothekenembleme erhalten. Das Deutsche Apotheken-Museum ist im Besitz von zwei Exemplaren. Sie zeigen eindrücklich, dass die Ausgestaltung des Motivs durchaus Raum für individuelle Gestaltung ließ. Das eine, ein Blechschild aus der Zeit um 1930 mit Emaildekor von 50 cm Durchmesser (Abb. 9), zeigt die charakteristische Arzneiflasche plakativ und zweidimensional in grünem Dekor auf weißem Grund dargestellt. Auf welche Apotheke es einst hinwies, ist heute nicht mehr bekannt. Das andere ist von vergleichbarer Größe und dreidimensional gestaltet und ebenfalls aus Metall gefertigt. Es ist mit Lack schwarz und weiß gefasst (Abb. 10). Die Flasche mit den drei Löffeln – als separater, der Grundplatte aufgesetzter Teil gefertigt – kann von innen beleuchtet werden. Dieses Drei-Löffel-Emblem wurde dem Deutschen Apotheken-Museum von Apotheker Herbert Lehmann, der 1933 nach Israel emigrierte, im Jahre 1989 als Geschenk übergeben. Er hatte es für seine nach der zwangsweisen Emigration eröffnete Carmel-Apotheke ca. 1950 in Haifa (Israel) neu anfertigen lassen.
Neuer Wettbewerb 1936
Das Aussehen des heute noch modern wirkenden Drei-Löffel-Emblems entsprach in keiner Weise der Kunstideologie des Nationalsozialismus. So waren bald nach der Machtübernahme 1933 die Tage des plakativen Emblems gezählt. Es blieb jedoch als „Gütezeichen“, beispielsweise auf Drucksachen, noch länger in Gebrauch.
Es wundert daher nicht, dass im Mai 1936 erneut ein Wettbewerb für ein einheitliches Apothekenwahrzeichen ausgeschrieben wurde, diesmal von der inzwischen gleichgeschalteten Deutschen Apothekerschaft. Der prämierte Vorschlag des Grafikers Paul Weise (1890–1981) wurde nachträglich entscheidend verändert: Anstelle der von Weise vorgesehenen Kombination eines roten „A“ in Frakturschrift mit dem weißen Schweizer Kreuz, wurde nach persönlicher Intervention des damaligen Reichsapothekerführers Albert Schmierer (1899–1974) anstelle dessen ein germanisches Schriftzeichen, eine Rune (Manrune, Lebensrune), im linken Teil des Buchstabens integriert (Abb. 11). Diese "Lebensrune" führten bereits sämtliche Gesundheitsverbände, beispielsweise der Ärzte und der Zahnärzteverband. Der Grafiker Paul Weise erhielt wenig später von der Reichskammer der Bildenden Künste zeitweiliges Berufsverbot. Er war nicht bereit gewesen, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen.
Das neue Emblem wurde mit einem simplen Trick schnell und großflächig verbreitet: Der Reichsapothekerführer ließ es im Winter 1936/37 in Form eines einfach zu montierenden Aluminiumschilds kostenlos an jede Apotheke senden, verbunden mit dem Hinweis, es deutlich sichtbar am Gebäude anzubringen.
Diskussion zum Apothekensymbol nach Kriegsende
Nach Kriegsende und dem Verbot der Runenzeichen behalf man sich zunächst mit dem Übermalen oder Überkleben des Runenzeichens, das an allen Apotheken zu findendende Blechschild mit dem roten A beließ man aber oft am angestammten Platz. Aber auch das Drei-Löffel-Symbol wurde nach Kriegsende wieder aufgegriffen. So gestaltete beispielsweise der Künstler August Czoske im Jahr 1946 für die Königsapotheke in Witten-Herbede zwei Fenster mit typischen Symbolen für die Pharmazie neu und gestaltete einen Fensterflügel mit einem Drei-Löffel-Symbol (Abb. 12).
Die Frage, ob zukünftig Drei-Löffel-Emblem, Schweizer Kreuz, Hageda-Zeichen, das "rote A ohne Runen" oder ein ganz neues Symbol als Einheitszeichen auf den Apothekenstandort verweisen sollen, wurde in der Fachpresse seit Kriegsende anhaltend und sehr kontrovers diskutiert. Ein Apotheker äußerte sich in der Süddeutschen Apothekerzeitung: „So wenig wie wir das bisherige Zeichen, dieses völlig verkorkste A mit seiner metaphysischen Symbolik durch die Lebensrune – böse Zungen nannten sie Mistgabel – schätzten, ebenso wenig wollen wir unseren Beruf durch eine Drei-Löffel-Mixtur symbolisiert sehen“.
Eine Umfrage im Jahre 1946 hatte den großen Wiedererkennungswert des an nahezu jeder Apotheke befindlichen roten „A“ gezeigt. Die von einigen angeregte Wiedereinführung des Drei-Löffel-Emblems der Vorkriegszeit schien allein deshalb wenig sinnvoll.
1951 - Das neue Apothekenwahrzeichen wird bekannt gegeben
Ende der 1940er Jahre unternahm man einen neuen Anlauf für ein neues einheitliches Apotheken-Logo. In Fachzeitschriften wurden in dieser Zeit die unterschiedlichsten Entwürfe diskutiert, bis man sich 1951 für das heute gültige rote „A“ entschied und am 15.12.1951 der Öffentlichkeit die neue Kombination mit Arzneikelch und Schlange vorstellte (Abb. 13). Der Entwurf stammt vom Künstler Fritz Rupprecht Mathieu (1929-2010).
Das Kelch/Schlange-Motiv ist anders gestaltet als im Emblem der Hageda von 1929 (Abb. 8), nimmt aber klar Bezug auf die gleiche Symbolik: Der Giftkelch steht für die toxischen Stoffe, mit denen der Apotheker umgeht und vor allem umzugehen weiß; die schon in der Antike dafür sinnbildliche Schlange verweist als Zeichen des antiken Heilgottes Äskulap auf Gesundheit und Heilkunde. Seit vielen Jahrzehnten nun kennzeichnet das "Rote A" die öffentliche Apotheke und weist den Kunden den Weg zum Arzneimittelfachmann.
Text, Copyright: Elisabeth Huwer
Fotos, Copyright:
Abb. 1, 2, 4, 9: Claudia Schäfer, Mannheim
Abb 3: Foto HD Rattay, Köln
Abb. 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12: DAM, Heidelberg
Abb. 13: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Zeichen gesetzlich geschützt
Liste der verwendeten Literatur wird derzeit zusammengestellt und demnächst hier eingefügt