Seit der Antike hatte das Opium größte Bedeutung in der Schmerz-
therapie – doch es ließ sich lange nur ungenau dosieren. Seine Anwendung barg daher zugleich Gefahren. Wissenschaftler in ganz Europa suchten im 18. und 19. Jh. nach dem Wirkstoff des aus dem Schlafmohn gewonnenen Arzneimittels, um einen sicheren Gebrauch zu ermöglichen. Dem Apothekergehilfen Friedrich Wilhelm Adam Sertürner (1783 - 1841) gelang es um 1804 erstmals, aus dem Opium eine kristalline Substanz als wirksamen Inhaltsstoff zu isolieren.
Mit der Entdeckung dieses bis heute zentralen Mittels der Schmerz-
therapie und damit einer ganz neuen Klasse von Pflanzenstoffen, der Alkaloide, bahnte er der modernen Arzneimittelforschung den Weg. Er bezeichnete diese erste Pflanzenbase aufgrund der „schlafmachenden“ Wirkung als Morphium, nach Morpheus, dem griechischen Gott des Traumes. Damit lag erstmals ein pflanzlicher Wirkstoff in Reinsubstanz vor, der eine exakte Dosierung ermöglichte – ein Wendepunkt in der Geschichte der Pharmazie.
Neben den Alkaloiden befasste sich Sertürner mit vielfältigen Themen, die sich in seinem Nachlass wiederspiegeln: Die Ursachen von Krank-
heiten wie der Cholera, aber auch Elektrizität, die Ballonfahrt oder das Geschützwesen waren Gegenstand seiner Studien.
Die Dokumente und Schriften Sertürners wurden von seinen Nach-
kommen in einer hölzernen Truhe bewahrt, die sich heute im Museums-Bestand befindet. Bereits 2012 kam ein umfangreicher Bestand an Schriften ins Museum. Anfang 2018 konnten dem weitere Briefe, Manuskripte, ein Portrait sowie sein zweibändiges Werk „System der chemischen Physik“ (1820-22) hinzugefügt werden.
In unserer Ausstellung zu sehen sind daraus u.a. sein Apotheker-
lehrbrief der Hof-Apotheke Paderborn (1806), die Doktorurkunde der Universität Jena (1817); Diplome und Anerkennungsschreiben internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften; wissenschaftliche Korrespondenz (u.a. mit Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836), Arzt und Leiter der Berliner Charité); einige Druckschriften sowie zum Teil bisher unveröffentlichte wissenschaftliche Manuskripte und Zeichnungen.
Außerdem zeigen wir bislang unbekannte Porträtminiaturen von Sertürner und seiner Gattin sowie private Korrespondenz. Daraus bestechen besonders zwei Briefe an seine Verlobte Eleonore von Rettberg (1798 - 1871). Am 18. November 1820 schrieb Sertürner an sie: „Guten Morgen liebes Lorchen! […]“ und endet ebenso liebevoll mit „…Dein Wilhelmchen Sertürner“. Vermutlich aus derselben Zeit stammt ein Medaillon mit einem bislang unbekannten Jugendportrait - möglicherweise ein Verlobungsgeschenk. Gefasst von zwei gewölbten Glasplättchen in goldenem Rahmen mit Anhänger, ist zwischen dem Elfenbeinplättchen und einem Seidenblatt eine Locke Sertürners eingeschlossen!
Text und Abbildungen: Deutsches Apotheken-Museum