Als anmutiger Blickfang kam 2011 eine Miniatur-Apotheke des jüngeren 19. Jahrhunderts aus der privilegierten Adler-Apotheke in Soldin (heute Myślibórz, Polen) in den Bestand. Apothekenbesitzer Carl Wilhelm Ernst Mylius (1810 bis 1880) fertigte sie um 1875 als Spielzeug für seine neun Kinder – laut Familienüberlieferung wohl nach dem getreuen Vorbild der eigenen Apotheke (Inv.-Nr. VII E 335).
Die Miniatur-Apotheke misst 30 cm in der Höhe und ist ebenso tief bei 62 cm Breite. Tapetenbezogene Wände bilden den an der Vorderseite offenen Raum der „Offizin“. Der Rezepturtisch und vier Repositorien sind aus Holz gefertigt und sämtlich schwarz gefasst. Alle Schubladen sind funktionstüchtig und viele davon noch mit den wohl ursprünglichen Materialien gefüllt.
Die Gewürze, Samen und Mineralien stellen fast eine kleine pharmazeutische Drogensammlung dar. Die „Gefäßausstattung“ besteht aus 61 Miniaturen aus Presspappe, jeweils mit Deckel sowie handbe-schriebenem Etikett und Aufschriften wie Extract, Fructus, Gift, Pulver, Radix, Semen oder Syrup. Dazu kommen kleine Mörser, Löffel und Glasgefäße. Später zugefügt wurden kleine leere Fertigarzneimittel-Fläschchen aus den 1930er Jahren. Die Raumausstattung ergänzen ein Kachelofen, Besen, kleine Werbeposter und eine Pendeluhr über der Tür.
In ihrer Ausstattung ist das lange genutzte Spielzeug ungewöhnlich gut erhalten. Nur wenige Elemente scheinen zu fehlen. Der jüngste Sohn, Apotheker Johann Carl Mylius (1864-1914), übernahm das schöne Stück nach dem Tod des Vaters. Nach Tätigkeiten in Freiberg/Sachsen und Leipzig kaufte er 1892 die privilegierte Apotheke in Buttstädt/Thüringen. Die kleine Apotheke hat all diese Ortswechsel gut überstanden. Schließlich überführte sie sein Sohn Carl Otto Curt Mylius (1893-1971) nach Niederschlema/Sachsen, wo er sich als Arzt niederließ. Seine Nachkommen bewahrten sie dort bis zur Übersiedlung ins Deutsche Apotheken-Museum auf.
Tex und Foto: Claudia Sachße, Deutsches Apotheken-Museum