Das Deutsche Apotheken-Museum
im Heidelberger Schloss

Logo Deutsches Apotheken-Museum
Menü

Rezeptmanual eines Olitätenhändlers, geführt ab ca. 1750

„...daß sich einer bey Nacht nicht fürchte“
Neu im Bestand ist ein handschriftliches Manual, das von ca. 1750 bis ins 19. Jahrhundert hinein geführt wurde (Inv.-Nr. VII A 1724). Wie der Eintrag im Buchspiegel informiert, war es 1793 im Besitz von Johann Heinrich Michael Sorge aus dem thüringischen Unterweißbach - man weiß hier von einer seit Generationen im Olitätenhandel tätigen Familie Sorge. Er war aber nicht der erste Besitzer des Manuals: Begonnen wurde es von Christian Wollmitz (?), der den Großteil der Rezepte schrieb und  das Manual 1750 datierte. Mehr ist von ihm bislang nicht bekannt.

Das Manual enthält Auszüge des zwischen 1593 und 1601 gedruckten und enorm einflussreichen Hausbuchs Oeconomica ruralis et dome- stica von Johannes Coler („Colerus“, 1566-1639). Die Oeconomica ist ein Ratgeber für die Haushaltsführung und war unter den sogenannten Hausbüchern des 17. Jahrhunderts ein echter Bestseller.
Wollmitz hat nicht das ganze Werk abgeschrieben, sondern nur Teile aus dem VI. Teil, dem „Pharmacopaeus“, in dem Arzneien behandelt werden. Sogar die Holzschnittillustrationen für Destilliergeräte und Öfen der Coler’schen Vorlage wurden für das Manual mit abgezeichnet (Abbildung). Allerdings ist Colers Hausbuch nicht die einzige Quelle, aus der Wollmitz schöpfte: Der Anfang entstammt einem anderen Werk, einem jener vielgelesenen „Kunstbücher“, die im 17. und 18. Jahrhundert in ähnlicher Form immer wieder neu zusammengestellt wurden. Hier finden sich typische „Kunstbuch“-Rezepte: „Ein brenent Licht zu eßen“, „eine Schrifft zu machen so man nur bey Nacht lesen kann“, „trüben Wein klar zu machen“ oder „daß sich einer bey Nacht nicht fürchte“.

Darüber hinaus enthält das Manual eine von anderen Schreiberhänden hinzugefügte bunte Zusammenstellung religiös-magischer Versatzstücke. Die schon in der Antike bekannte „Sator-Arepo“-Formel zur Feuerlöschung findet sich hier ebenso wie ein Kalender mit Glücks- und Unglückstagen und die sogenannten Sieben Himmels- riegel, ein religiöser Talisman, der Schutz gegen Feuersbrünste, Blitzschlag, „Teufelsgespenster“ und „pestilentzische Krankheiten“ verheißt. Zuletzt sind Arzneispezialitäten notiert. Dabei handelt es sich um typische thüringische Olitätenprodukte, deren breite Indikationen einen guten Absatz garantierten: etwa „Doctor Stoughtons Elixir Magnum“, „keiser caroli haupt=wasser“, „tinctur universal“ und „schwarze=wunder=tropfen“. Diese Rezepte zeigen, dass das Manual zumindest in späteren Jahren als professionelles Handbuch eines gewerblichen Olitätenhändlers und –herstellers genutzt wurde.

Text: Anne Roestel, Deutsches Apotheken-Museum

Foto: Claudia Sachße, Deutsches Apotheken-Museum